Die Sage von Romulus und Remus

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Die Sage von Romulus und Remus ist der Gründungsmythos Roms. Indem sie Romulus und Remus zu Nachkommen des Aeneas macht, knüpft sie an den Sagenkreis vom Trojanischen Krieg an.

Einen historischen Hintergrund hat die Sage nicht. Der Name „Romulus“ wurde vermutlich aus dem Namen der Stadt gebildet, nicht umgekehrt.

Die Söhne der Wölfin

In Alba Longa regierte Numitor, einer der Nachkommen des Aeneas. Sein Bruder Amulius, entriss ihm den Thron und zwang Rea Silvia, die Tochter Numitors, Vestalin zu werden, da sie sich als Priesterin der Vesta nicht vermählen durfte. So sollte die Geburt eines rechtmäßigen Thronerben verhindert werden.

Rea Silvia aber gebar dem Kriegsgott Mars die Zwillinge Romulus und Remus. Als Amulius das erfuhr, ließ er seine Nichte ins Gefängnis werfen und befahl, die beiden Knaben im Tiber auszusetzen. Der war jedoch gerade über die Ufer getreten, als die Diener ankamen. So schoben sie die Wanne, in der die Kinder ausgesetzt werden sollten, in das flache Uferwasser.

Bald darauf trat der Strom in sein gewöhnliches Bett zurück. Die Wanne aber blieb an einem Feigenbaum hängen und kippte um, so dass die beiden Knaben in den Schlamm fielen. Ihr Geschrei lockte eine Wölfin herbei, die sich barmherziger als die Menschen zeigte. Sie trug die Zwillinge behutsam in ihre Höhle, leckte sie sauber und säugte sie, so dass sie dem sicheren Tod entgingen. Auch ein Specht hütete die Kinder und trug ihnen Speise zu.

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Die Kapitolinische Wölfin
Foto: Peter Jurik

Das sah einer der königlichen Hirten, und voller Staunen rief er seine Genossen herbei. Schließlich brachten sie die Knaben zu Faustulus, dem Schweinehirten des Königs, und dessen Frau nahm sich der Kleinen an und zog sie auf. So wuchsen sie unter den Hirten des Landes zu tüchtigen jungen Männern heran.

Die Gründung Roms

Eines Tages aber gerieten sie mit den Hirten Ihres entthronten Großvaters Numitor in Streit. Sie wurden ergriffen und vor Numitor gebracht. Der ließ sich alles erzählen, was Faustulus von ihnen wusste, betrachtete wieder und wieder ihre Gesichtszüge und erkannte sie schließlich als seine Enkel.

Nun erfuhren Romulus und Remus, wie schändlich Amulius an ihnen und ihrer Mutter gehandelt hatte, und sie beschlossen, unverzüglich Rache zu nehmen. Sie stürmten in den Palast von Alba Longa, erschlugen den ungerechten Amulius und setzten ihren Großvater wieder auf den Thron.

Zum Dank erhielten sie die Erlaubnis, an der Stelle, an der sie ausgesetzt worden waren, eine Stadt zu gründen. Als sie aber die Götter durch Vogelflug entscheiden lassen wollten, wer die neue Stadt benennen und beherrschen solle, entzweiten sie sich, und nur die größere Zahl seiner Anhänger ließ Romulus siegen.

Sofort machte er sich ans Werk: Er zog die heilige Furche, die den Umkreis der Siedlung bestimmte, und ließ notdürftig Mauer und Graben anlegen. Spöttisch betrachtete Remus das Beginnen des Bruders, und um ihn zu verhöhnen, sprang er über die noch niedrige Mauer in das Innere der Anlage. Das war eine schmähliche Verletzung von Gesetz und Recht, denn jede Mauer einer Stadt galt als heilig. Da ließ Romulus sich von seinem Zorn hinreißen und erschlug seinen Bruder. „So möge es jedem ergehen“, rief er, „der über meine Mauern springt!“

Der Raub der Sabinerinnen

Nach diesem Brudermord herrschte Romulus aber weise und umsichtig über die neu gegründete Stadt. Um ihre Bevölkerung zu vermehren, erklärte er sie zu einer Freistatt, in der sich alle Heimatlosen flüchten konnten. Viele Männer kamen so im Laufe der Jahre, aber es fehlten die Frauen, und die Gesandten Roms, die um Frauen werben sollten, fanden überall nur Ablehnung. Da griff Romulus zu einer List. Ohne sich seinen Unwillen merken zu lassen, lud er die benachbarten Städte zu einem großen Kampfspiel ein. Und wirklich lockte er viele Neugierige an. Vor allem die auf einem Nachbarhügel wohnenden Sabiner kamen fast vollzählig.

Mitten im Spiel jedoch stürzten die römischen Krieger sich auf ihre Gäste, sprengten sie auseinander und ergriffen alle jungen Mädchen, deren sie habhaft werden konnten. Da ihre Väter und Brüder waffenlos gekommen waren, blieb ihnen nichts übrig, als zu fliehen. Sie schworen furchtbare Rache, aber die geraubten Mädchen beruhigten sich bald und ließen sich eine nach der anderen zur Ehe bestimmen.

Als die Sabiner später mit einem starken Heer zurückkehrten und den Römern eine verzweifelte Schlacht lieferten, warfen die geraubten Frauen sich mit ihren Kindern unter die Kämpfenden und flehten sie an, das Blutvergießen zu beenden: „Um unsertwillen wird der Krieg geführt, um unsertwillen werden hier unsere Männer und dort unsere Väter und Brüder verwundet und erschlagen. Weit besser, wir sterben, als wir leben ohne euch als Witwen und Waisen!“ Dumpfes Schweigen antwortete ihnen.

Endlich traten Romulus und Titus Tatius, der Fürst der Sabiner, aufeinander zu und reichten sich die Hand. Eine allgemeine Verbrüderung folgte, und um ihren Bund zu besiegeln, verschmolzen Römer und Sabiner zu einem Volk.

Das Ende des Romulus

Siebenunddreißig Jahre lang hatte Romulus als großer Fürst regiert. Da hielt er auf dem Marsfeld, einem Platz außerhalb der alten Stadt, eine gewaltige Heerschau ab. Plötzlich trat eine Sonnenfinsternis ein, ein fürchterlicher Orkan erhob sich und nachtdunkle Wolken entrückten Romulus den Augen der Umstehenden: Mars selbst war gekommen, um seinen Sohn auf einem feurigen Wagen in den Kreis der Götter zu geleiten.

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