Der Schildkrötenbrunnen I

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Autor des Textes ist Peter Gayer. Es handelt sich um ein Kapitel aus seinem Buch „Rom – Ein sentimentaler Reiseführer“. Näheres über das Buch erfahren Sie auch auf meiner Bücher-Seite. – Vielen Dank für die Erlaubnis zur Veröffentlichung!

Eine kleine Kostbarkeit, umgeben von den Palästen der einst mächtigen Familie Mattei, kann man auf der gleichnamigen kleinen Piazza Mattei entdecken, gelegen zwischen dem Ghetto und dem Largo di Torre Argentina: Die Fontana delle Tartarughe, der Schildkrötenbrunnen.

Über vier muschelförmigen Becken und kleinen Delphinen strecken sich vier verspielte Jünglingsfiguren, die kleine Schildkröten zum Trinken an die obere Brunnenschale hinaufheben. Aus dieser Brunnenschale fällt durch kleine Köpfchen als Wasserspeier jeweils ein Strahl in die vier Muschelbecken am Fuß des Brunnens.

(Foto)
Figur am Schildkrötenbrunnen
Foto: Peter Gayer

Den eleganten Brunnen könnte man sich eher auf einer Florentiner Piazza zwischen edlen Renaissancepalästen vorstellen, als hier zwischen den trutzig und etwas schäbig wirkenden Palästen der Mattei in Rom, in der Stadt, wo man eigentlich monumentalere und feierliche Brunnen bevorzugte.

Die Bewegungen der Jünglinge, grazil und verdreht, mit ihren überlangen Armen und Beinen, sind ein schönes Beispiel für die Plastik des Manierismus, jenes Kunststils, der den Übergang von der Renaissance zum Barock markiert, lange Zeit als Periode des Niedergangs verschmäht und kaum gewürdigt.

Geschaffen haben den Brunnen um 1585 der Architekt Giacomo della Porta und der Bildhauer Taddeo Landini. Die Mitarbeit Landinis ist auch der Grund für die gänzlich unrömische Gestaltung des Brunnens: Landini stammte aus Florenz, und manche Forscher vermuten, daß er für den Brunnen auf Entwürfe Raffaels zurückgegriffen hat. Zum Zeitpunkt der Vollendung fehlten allerdings die Schildkröten, sie waren von den Künstlern gar nicht vorgesehen.

(Text Copyright © 2000 Peter Gayer)

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